Wissenschaft in Baden-Württemberg

Theologenbriefwechsel der Heidelberger Akademie der Wissenschaften

Unter dem mächtigen Titel „Theologenbriefwechsel im Südwesten des Reichs in der Frühen Neuzeit (1550–1620)“ verbirgt sich ein Langzeit-Projekt der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Die Wissenschaftler:innen tragen hierfür die Korrespondenzen der wichtigsten Reformatoren und Theologen aus dem Herzogtum Württemberg, der Kurpfalz und der Reichsstadt Straßburg zusammen. Insgesamt handelt es sich um 200 Theologen, deren Briefwechsel im Projekt bearbeitet werden. Darunter sind unter anderem Kirchenräte und Theologieprofessoren aus Straßburg, Tübingen und Heidelberg. Max Graff ist einer die Wissenschaftler:innen, die am Projekt arbeiten.

Das Projekt ist relativ groß angelegt. Schließlich befinden sich die Briefe oftmals in Archiven verteilt auf Deutschland und in Teilen sogar im europäischen Ausland. Das Projektziel ist es, die beiden großen historischen Prozesse der Konfessionalisierung und der Säkularisierung und ihr Ineinandergreifen zu untersuchen.
Dazu muss die Projektgruppe die Korrespondenz der wichtigsten kirchenleitenden Personen aus der Kurpfalz, aus Württemberg und aus Straßburg sammeln, erfassen und erschließen. Etwa die Hälfte der Briefe ist in lateinischer Sprache verfasst, der damaligen Lingua Franca der Gelehrten. Die andere Hälfte ist in frühneuhochdeutscher Sprache geschrieben, etwa im Fall der Korrespondenz mit Herzögen, und ein kleiner Teil darüber hinaus noch auf Griechisch, Italienisch oder Französisch.

Die eigentliche Herausforderung ist aber das Schriftbild der oft nur in schwer zu entziffernden Handschriften überlieferten Briefe. Für die Allgemeinheit gibt es auf der Webseite der Heidelberger Akademie der Wissenschaften viel Wissenswertes über die Projektarbeit zu erfahren. Von den angepeilten 35000 Briefen sind bereits fast 12000 inhaltlich erfasst und digital einsehbar. Einen niederschwelligen Zugang finden interessierten über den Brief des Monats.
Ein wichtiger Theologe in diesem Briefwechselprojekt ist Jakob Andreä. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts war der gebürtige Waiblinger Theologieprofessor in Tübingen und späterer Kanzler der Universität. Interessant an Andreä ist, wie er in der Frühen Neuzeit bereits über Religion gestritten hat.

Es geht in den Briefen häufig um das Verhältnis zwischen Kirche und Staat. Es geht aber auch darum, wie sich konkurrierende, sich mitunter widersprechende Positionen miteinander in Verbindung bringen lassen. Aus der Grundlagenforschung des Projekts lassen sich also auch für die heutige Zeit Erkenntnisse ableiten. Christoph Strohm sieht die Möglichkeiten für weitere Forschungen. Schließlich sind die heiligen Texte, mit denen sich die Theologen beschäftigen, oft hunderte, wenn nicht sogar tausende Jahre alt und in einer bestimmten historischen Zeit entstanden.
Es ist nicht überall selbstverständlich, dass heilige Botschaften und der Umgang mit ihnen historisch kontextualisiert werden. Mit der Grundlagenforschung aus Heidelberg kommt die Wissenschaft dem einen Schritt näher.

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