Dieselklagen und Großprozesse belasten die Justiz

Die Justiz in Stuttgart ist am Anschlag. Zwei Rechtsbereiche machen den Gerichten momentan zu schaffen: Tausende Klagen im Diesel-Abgas-Skandal und Großprozesse mit politischem Hintergrund. In den Aktenschränken und in den Büros des Landgerichts stapeln sich die Akten der Dieselklagen. Die Daimler AG und Porsche werden von tausenden Autobesitzern auf Schadensersatz verklagt, weil sie ihre Motoren manipuliert haben sollen. Die Klagen laufen bundesweit in der Landeshauptstadt ein, weil die Hersteller ihren Sitz in Stuttgart haben. Dazu kommen die Berufungsklagen aus ganz Baden-Württemberg. Die 19 Zivilsenate des Oberlandesgerichts hatten 2020 mit insgesamt 8.760 neuen Verfahren auch nach 2019 wieder einen absoluten Höchstwert zu verzeichnen. Im Jahr 2020 gingen 7.353 Berufungen bei den Senaten ein. Was die Dieselklagen betrifft, sind in diesem Jahr bereits bis Ende April mehr als 1700 Klagen eingegangen. Die Senate, die die Klagen verhandeln, können pro Woche höchstens vier bis sechs Verfahren abwickeln. Das bedeutet, dass die Gerichte nicht mehr zeitnah arbeiten können.

Auch bei den Strafsachen sind die Belastungen der Justizangestellten hoch. Viele Großprozesse mit hohem Sicherheitsaufwand finden zur Zeit in Stuttgart statt. So auch beispielsweise der Prozess gegen Linksextremisten, die am Rande einer Querdenker-Demo drei mutmaßlich rechtsgerichtete Männer angegriffen und lebensgefährlich verletzt haben sollen. Die Justizwachtmeister sorgen dafür, dass es zwischen den vielen Zuschauern aus den unterschiedlichen Gruppen nicht zu Auseinandersetzungen kommt. Die Wachtmeister regeln den Einlass und bewachen die Angeklagten. Momentan bekommen sie Amtshilfe von anderen Gerichten, weil sie die Prozesse mit ihrem eigenen Personal nicht mehr abdecken können.

In beiden Bereichen wünschen sich die Mitarbeiter mehr Personal, doch die strukturellen Probleme löse das nicht. Die Richter hoffen in Bezug auf die Dieselklagen auf eine Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs und fordern von der Politik Reformen der Justiz.

Das könnte Dich auch interessieren

27.07.2023 02:21 Min Neue Verhandlungen über Dieselskandal Der Dieselskandal ist noch lange nicht vom Tisch: Tausende Daimlerkunden/innen haben damals Neuwagen mit illegalen Abschalteinrichtungen bekommen. Viele fordern bis heute Schadensersatz für den Einbau von unzulässigen Abschalteinrichtungen. Bei sogenannten Thermofenstern handelt es sich um eine spezielle Software, die die Abgasreinigung in Autos steuert. Bei bestimmten Temperaturen wird diese heruntergefahren oder ganz ausgeschaltet. Die Klägerseite 16.01.2024 02:43 Min Zweiter Prozess im Fall Schüsse in Asperg Am Osterwochenende 2023 ist in Asperg ein 18-Jähriger erschossen und ein Gleichaltriger schwer verletzt worden. Kurz danach hat die Polizei drei Tatverdächtige festgenommen. Am vergangenen Dienstag hat der Prozessauftakt im Landgericht Stuttgart begonnen und wurde nach wenigen Minuten ohne Aussagen vertagt. Heute hat der zweite Prozess im Verfahren stattgefunden – wider Erwarten ohne Ergebnis. Reporterin Cara 14.12.2023 01:52 Min Friedhof-Anschlag in Altbach: Prozess gegen Angreifer beginnt Zweiter Prozessauftakt im Landgericht Stuttgart zum selben Ereignis: Bereits vergangene Woche ging es um den Handgranaten-Anschlag auf dem Friedhof in Altbach. Dieses Mal muss aber nicht der mutmaßliche Täter vors Gericht, sondern fünf Männer, die den Handgranaten-Werfer nach dem Anschlag verprügelt haben sollen. Im Juni hat ein Iraner in Altbach eine Granate auf eine Trauergemeinde 09.11.2023 02:34 Min Tödliche Schüsse: Angeklagter räumt Verantwortung für die Tat ein Rund sechs Monate nach den tödlichen Schüssen im Sindelfinger Mercedes-Benz-Werk hat heute der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter begonnen. Der Mann soll im Mai während der Frühschicht zwei türkische Landsleute erschossen haben. Vor dem Stuttgarter Landgericht hat er die Tat heute eingeräumt – sein Anwalt gab zudem erste Informationen zum Motiv.  Bereits nach der Anklageschrift