Die zweite Handballbundesliga ist auch in dieser Saison wieder spannend ohne Ende – nahezu jedes Team kann gegen jeden gewinnen. Mit Aufsteiger Oppenweiler/Backnang wartet allerdings ein Team auch nach 13 Spielen immer noch auf den ersten Sieg – und morgen Abend geht es für den HCOB ausgerechnet zum Ligaprimus nach Bietigheim!
Es ist das Duell des kürzesten geografischen Abstands, aber auch des größten tabellarischen: Wenn der Zweitliga-Aufsteiger HC Oppenweiler/Backnang am Freitagabend (19:30 Uhr) zum Derby bei der SG BBM Bietigheim antritt, dann liegt die Favoritenrolle klar beim aufstiegsambitionierten Heimteam. Der HCOB will sich aber nicht verstecken, sondern mutig dagegenhalten.
Duell mit langer Geschichte: Mit weniger als 40 Kilometern ist es nach Bietigheim die mit Abstand kürzeste Auswärtsfahrt dieser Saison für die HCOB-Handballer. Ähnlich wie vor einigen Wochen beim Spiel gegen den HBW Balingen-Weilstetten gibt es auch zu dieser Begegnung eine beachtliche Historie. Als sich die Handballer des TV Oppenweiler im Jahr 1980 zum ersten Mal für den Spielbetrieb auf Verbandsebene qualifizierten, fand bereits das dritte Spiel in der Bietigheimer Sporthalle Ellental, der heutigen Sporthalle am Viadukt, statt. Einige Wochen später duellierte sich der TVO mit dem TV Metterzimmern. Die beiden führenden Handballvereine der Stadt im Kreis Ludwigsburg agierten damals noch selbstständig. Im März 1986 siegte der TVO in einem Spiel der württembergischen Oberliga mit 17:15 beim TSV Bietigheim. Danach trennten sich die Wege: Der TVO stieg in die Regionalliga Süd auf, die Bietigheimer spielten in den Jahren darauf in unterschiedlichen Ligen des Handballverbands Württemberg. Als sich die beiden Teams 2001 wieder begegneten, firmierten die Ellentaler bereits als SG Bietigheim/Metterzimmern. 2022 stiegen beide Clubs gemeinsam aus der Baden-Württemberg-Oberliga in die Regionalliga Süd auf. Dort gab es drei Jahre lang spannende Duelle. Meist siegten die Bietigheimer, doch am 1. November 2003 setzte sich der TVO in einem denkwürdigen Spiel in der Sporthalle Oberbrüden mit 34:29 durch. Für Bietigheim war dies der Anfang vom Ende der Ära von Coach Ralf Selcho. Im Jahr darauf übernahm Severin Englmann und führte die Mannschaft in die 2. Bundesliga. Der TVO indes musste die Regionalliga verlassen und so trennten sich die Wege für über 20 Jahre. Nun heißt es: SG BBM Bietigheim gegen HC Oppenweiler/Backnang.
Ein besonderes Spiel: Tobias Klisch, der gemeinsam mit Volker Blumenschein den HC Oppenweiler/Backnang trainiert, nimmt den Derbycharakter wahr: „Man spürt ein Kribbeln, es ist ein besonderes Spiel.“ Und obendrein ist es eine Herausforderung für sein Team: „Die Bietigheimer stehen zurecht an der Spitze. Ihr Trainer Iker Romero hat in den vergangenen fünf Jahren ein hervorragendes System entwickelt, das kaum Schwächen hat. Seine Spieler spielen alles mit einem großen Selbstverständnis. Jeder hat seine klaren Aufgaben und weiß, was zu tun ist.“ Von 13 Begegnungen haben die Sportler aus dem Enztal nur eine verloren, und zwar Ende Oktober in Hüttenberg. Kann man da von einer David-gegen-Goliath-Ausgangslage sprechen? Tobias Klisch findet: „Der Vergleich passt leider ganz gut, sowohl aufgrund des Abstands in der Tabelle als auch aufgrund des aktuellen Laufs beider Teams. Allerdings wäre es vermessen, wenn wir hinfahren und denken, dass wir wie David gegen Goliath gewinnen werden.“ Die HCOB-Handballer wollen sich zunächst auf die eigenen Themen fokussieren: „Wir wollen unsere Aufgaben erfüllen, unseren Plan durchziehen und die Bietigheimer vor das eine oder andere Problem stellen und aus ihrer Komfortzone holen.“ Seine Hoffnung: „Wenn all diese Faktoren passen und die Bietigheimer vielleicht auch keinen optimalen Tag erwischen, dann sind wir zwar weiterhin klare Außenseiter, aber es gibt auch in diesem Spiel eine kleine Siegchance.“
Bietigheimer Dominanz: Die SG BBM Bietigheim ist derzeit das Maß aller Dinge in der 2. Liga. Am vergangenen Wochenende setzte sich die Mannschaft im Schlagerspiel beim VfL Eintracht Hagen durch und geht als Tabellenführer (22:4 Punkte) ins Derby, da der HBW in Dormagen Punkte liegen ließ. Dass die Bietigheimer in der zweiten Liga antreten müssen, ist unglücklich: In der vergangenen Saison verpasste die SG als Aufsteiger nur denkbar knapp den Klassenverbleib in der Bundesliga. Die Tatsache, dass Hauptrivale TVB Stuttgart kurz vor Rundenende bei den Rhein-Neckar Löwen siegte (Stichwort „Malle-Trip“), sorgte für Unmut, ist nun aber auch Antrieb: Der sofortige Wiederaufstieg wird mit einem nur leicht veränderten Kader angestrebt. Das Torhüter-Duo wurde ausgetauscht, vom TVB Stuttgart kam der flinke Außen Nico Bacani und aus Meran der italienische Nationalspieler Max Prantner zur SG. Im Laufe der Vorbereitung wurde der Kader zudem mit dem 19-fachen Nationalspieler Djibril M’Bengue prominent verstärkt. Er weiß, wie man aufsteigt, denn er schaffte dies in der vergangenen Runde mit dem Bergischen HC. Trainer Iker Romero bringt eine beachtliche Vita als Spieler mit: Er war Weltmeister und hat sich längst auch als Coach einen Namen gemacht. Parallel zu seiner Tätigkeit in Bietigheim betreut er die österreichische Nationalmannschaft. Ab Sommer wird er sich auf seinen Job in der Alpenrepublik konzentrieren. Er möchte seinem Nachfolger Hartmut Mayerhoffer das Team als Erstligist übergeben.
Vergangenheit beim HCOB: Bei den Bietigheimern gibt es einige Akteure und Beteiligte, die eine Vergangenheit beim HC Oppenweiler/Backnang haben. Zuvorderst zu nennen sind: Rückraumspieler Nikola Vlahovic. Er spielte drei Jahre lang mit einem Zweifachspielrecht für das Team aus dem Murrtal in der Dritten Liga. Im Nachhinein waren sich alle einig, dass es eine klassische Triple-Win-Situation war. Der Spieler profitierte von den umfangreichen Einsatzzeiten, der HCOB blieb (auch) aufgrund der vielen Tore (33 Spiele, 88 Tore) des aus Hemmingen stammenden Sportlers in der Liga und die SG BBM bekam den Spieler in so guter Form zurück, dass er längst ein fester Bestandteil der Mannschaft ist. Die Saisonstatistik weist sieben Blocks für Nikola Vlahovic aus, was den Bestwert in seinem Team darstellt. Bei den Toren liegt hingegen Kreisläufer Jonathan Fischer vorn: Er traf in dieser Saison 69 Mal in die gegnerischen Netze. Auch er hatte zeitweise ein Zweifachspielrecht für den HCOB und kam in fünf Spielen im grünen Trikot zu 15 Toren. Weitere Bekannte: Bietigheims Torwarttrainer Jürgen Müller war in derselben Funktion im vergangenen Jahr noch beim HCOB aktiv. Und Ex-Trainer Matthias Heineke ist mittlerweile Leistungssportkoordinator bei der SG BBM. Wer übrigens auch beim Namen von Rückraumspieler Fynn Nicolaus hellhörig wird – er spielte nicht für den HCOB, das war sein Vater Marc.
Und beim HCOB? Die Murrtaler haben mit Rechtsaußen Paul Krügele derzeit einen Spieler von der SG BBM Bietigheim ausgeliehen. Der aus der Jugend des TV Mundelsheim stammende Handballer, der aktuell sein erstes Jahr bei den Aktiven absolviert, trifft damit am Freitag auf den Verein, für die er in den vergangenen Jahren stets aktiv war und bei dem er auch schon im Profiteam mittrainiert hat.
PM: HC Oppenweiler/Backnang